meine Beziehungsgrundsätze

Auf den folgenden Beziehungsgrundsätzen basiert meine Grundhaltung bei der Arbeit mit Menschen.

 

Nachhaltige Beeinflussung des Gegenübers gelingt nicht ohne Beziehung.

Nachhaltige Beeinflussung des Gegenübers gelingt dann, wenn die Beziehungen zum Gegenüber intakt sind. Dies ist für mich der entscheidende Aspekt sowohl im privaten wie im beruflichen Umgang mit Anderen. Es ist gleichzeitig auch der schwierigste Aspekte. Wenn man an das Thema der Beziehung herangeht, dann kommt eine weitere Person mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Sosein ins Spiel. Der Rahmen erweitert sich über das Gegenüber bzw. den Anderen und sein System hinaus. Gleichzeitig ist diese Beziehung und die Erfahrungen die der Andere mit uns  damit macht Teil seines eigenen Systems und damit seines Verhaltens geworden. Nachhaltige positive Veränderungen im Verhalten des Gegenübers finden immer dann statt, wenn sich Beziehungen entspannen, positiv entwickeln, ganz allgemein, wenn sie sich positiv verändern. Der erste Schritt muss allerdings von mir ausgehen.  Solange ich den Fehler nur in einem Fehlverhalten des Anderen suche, wird Beziehung ein wackeliger Drahtseilakt bleiben und früher oder später zu größeren Schwierigkeiten führen, wie auch immer diese aussehen mögen. 

 

Mein Gegenüber hat grundlegende Bedürfnisse, die sein Verhalten bedingen. Ich sehe hierbei vier Bedürfnisse als grundlegend an (vgl. z.B. Deci/Ryan). Diese Bedürfnisse gilt es zunächst zu verstehen und anzuerkennen, um dann mit ihnen (und nicht gegen sie) zu arbeiten: 

 

1. Das Bedürfnis nach Autonomie: Der Andere möchte sich als selbstbestimmt erleben und nicht ständig bevormundet werden. Dies drückt sich schon beim Kleinkind in der sogenannten Trotzphase aus, wenn das Kind sagt: „Ich will das selbst tun.“ Oder „Ich will es alleine machen.“

 

2. Das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit: Der Andere möchte durch das was es tut Zuwendung und Anerkennung von anderen Menschen. Bekommt er diese Zuwendung nicht, so leidet er und wird versuchen durch ein anderes Verhalten Aufmerksamkeit zu bekommen. Dies erleben wir dann häufig als Störung unserer Bedürfnisse, mit dem Ergebnis, dass wir darauf reagieren. Diese Reaktion mag negativer Natur sein (Tadeln, Schimpfen, Ermahnen) aber zumindest bekommt der Andere Zuwendung und Aufmerksamkeit und wird damit Teil eines Systems (von Menschen), was sein ursprünglicher Antrieb war. Leider entwickelt dies im  Anderen jedoch die Einsicht, dass er mit diesem „störenden“ Verhalten zumindest registriert wird. Häufig entsteht dadurch ein Teufelskreis: mehr dieses störenden Verhaltens erzeugt ein Mehr an Reaktion des Gegenübers. Diesen Kreislauf gilt es zu durchbrechen.

 

3. Das Bedürfnis sich als kompetent zu erleben: Der Andere möchte die Dinge und Personen  seiner Welt verstehen um dadurch Sicherheit zu bekommen. Wir alle streben nach Kompetenz, d.h. eine Sache, die uns als wichtig erscheint zu beherrschen. Dies ist letztlich Ziel allen Lernens. Jeder, der eine Sache für sich entdeckt hat, in der er sich als kompetent erlebt, wird durch dieses Erleben zufriedener, weil er einen Platz in dieser Welt gefunden hat an dem er das Gefühl hat die Dinge zu durchschauen und damit die Dinge kontrollieren zu können.

 

4. Jeder hat das Bedürfnis nach echten Erfahrungen: Man möchte nicht belehrt werden, man will die Dinge selbst tun und seine Erfahrungen sammeln. Soweit dies möglich und sinnvoll ist, sollten wir dem Anderen diese Erfahrungen ermöglich. Er gleicht hierbei einem Forscher, der nach Antworten sucht. Es entspricht nicht  unserer Natur immer schon fertige Antworten zu bekommen. Ich orientiere mich hierbei auch am Reformpädagogen John Dewey, der schon vor 100 Jahren zu der Erkenntnis kam: "Ein Gramm Erfahrung ist mehr wert als eine Tonne Theorie."

 

Jeder möchte Dinge in seinem Rhythmus und auf seine Art tun und zu Ende bringen können.

Schon Rousseau unterschied zwischen der Erziehung durch die Natur, die Dinge und den Menschen. Genau in dieser Reihenfolge, so Rousseau, solle die Erziehung erfolgen. Was Rousseau hier für das Kind beschreibt, gilt auch für uns Erwachsene im übertragenen Sinne. Nach Rousseau solle das Kind zunächst möglichst viel in und mit der Natur spielen (ohne vorgefertigte Spielsachen!), hier bildet es seine Sinne aus, hier erfährt es Grenzen, hier lernt es, sich zu spüren und seine Kompetenzen einzuschätzen (auf diesem Baum kann ich nicht balancieren, weil er nass ist). Alle diese Fertigkeiten sind von unendlicher Wichtigkeit für die weitere Entwicklung. Im Umgang mit den Dingen erfährt das Kind ebenfalls seine Grenzen und Möglichkeiten. Wir müssen den Kindern (ausreichend) Zeit und (passenden) Raum geben, seine Umwelt zu erforschen. Mit den Kompetenzen wachsen die Möglichkeiten. Das Kind wird hier immer wieder und beständig auf Hindernisse stoßen, die sogenannte kognitive Konflikte (ein Begriff der wesentlich durch Jean Piaget geprägt wurde) auslösen. Die Konflikte können und sollen wir nicht beständig durch Erklärungen auflösen, sondern das Kind wird das Bedürfnis haben, diese forschend selbst zu lösen (vgl. auch die Bedürfnisse nach Kompetenz und Autonomie). Dies wiederum stärkt ein positives Selbstbewusstsein. Alles hier Beschriebene muss auch bei der Mitarbeiterführung Berücksichtigung finden.

  

Jeder hat Stärken und Schwächen.

So verstanden ist Jeder „hochbegabt“ (ich benütze diesen Begriff höchst ungern, weil er im aktuellen Bildungsdiskurs absolut einseitig und vor allem durch die pädagogische Psychologie definiert wird). An uns als Bezugspersonen liegt es, die „Hochbegabung“ im Anderen zu entdecken und dem Anderen dabei zu helfen, diese Begabungen weiter zu entwickeln. Gleichzeitig aber müssen wir auch die Aspekte entdecken, die dem Anderen Schwierigkeiten bereiten (werden). Diese „Schwächen“ gehören zu jedem Menschen und sind Teil der natürlichen Entwicklung – und dies ein Leben lang.

 

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