meine Beziehungsphilosophie

Kein Mensch gleicht dem anderen. Jeder Mensch ist ein eigenständiges Individuum. Dies ist die Grundlage meiner Beziehungsphilosophie. Dies ist auch der Grund warum ich eine feststehende Methode in Fragen der Beziehungsgestaltung ablehne. Methoden basieren auf linearem Ursache-Wirkungs-Denken. Ratgeber vermitteln häufig mit Ihren Ratschlägen genau ein solches eindimensionales Vorgehen. Was in der Beziehungsgestaltung jedoch gefragt ist, ist ein Denken in vielfältigen systemischen Zusammenhängen. Ein bestimmtes Verhalten meines Gegenübers geschieht immer spezifisch und individuell unterschiedlich und kann nur verstanden werden, wenn in größeren Zusammenhängen gedacht und "gelesen" wird. Neben diesem Lesen von größeren Zusammenhängen ist es bei der Beziehungsgestaltung von entscheidender Bedeutung dem Anderen gegenüber eine bestimmte Grundhaltung zu entwickeln. Beides ist nur möglich, wenn man den Anderen und sein Verhalten richtig deutet. Hierzu bedarf es einer bestimmten Grundhaltung dem Anderen gegenüber, die von spezifisichen Beziehungsgrundsätzen begründet wird.

 

 

Wer gegen den Strom schwimmt, wird schnell erschöpft sein. Ich arbeite gerne mit solchen aus der Natur abgeleiteten Metaphern. Bei dieser Metapher möchte ich das Gegenüber, den Anderen, gerne mit einem Fluss vergleichen. Kein Fluss gleicht dem anderen, er unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht. Die Breite, die Tiefe, die Nähe zur Quelle, die Schüttung, die morphologischen Gegebenheiten (Hindernisse) erzeugen eine bestimmte Energie und Strömung. Diese Energie bzw. das Wasser sucht sich einen Weg. Dieser Weg wird ganz wesentlich von den geographischen Gegebenheiten bzw. der Umwelt (dazu gehören auch wir als Gegenüber) beeinflusst. Wir können durch unsere Handlungen und Einwirkungen versuchen, den Fluss in eine bestimmte (von uns gewünschte) Richtung zu lenken. Wir können Ihn Kanalisieren, wir können Staumauern bauen, ja wir können ihn eventuell sogar in andere Täler fließen lassen. Allein alle Erfahrung zeigt, dass es gerade dann zu Schwierigkeiten kommen wird. Diese Schwierigkeiten gehen ursächlich nicht auf den Fluss und seine Energie zurück, sondern auf das Verhalten der Umwelt. Wir verbauen den Fluss nach unseren Vorstellungen. Wir könnten auch sagen: Wir verbauen dem Fluss seinen Weg. Wenn wir diesem Weg folgen, dann arbeiten wir gegen die vorhandenen Energien und gegen das System. Unsere Vorstellungen allein sind dann das Maßgebliche.

Wir können allerdings auch einen anderen Weg gehen. Wir können versuchen, die Energien des Flusses zu lesen und entsprechend zu handeln. Dann werden wir, um nur ein Beispiel zu nennen, unsere Häuser nicht entlang des ganzen Ufers bauen, sondern Auslaufzonen berücksichtigen. Wir werden dem Fluss sein Recht einräumen und ihn als eigenständig (autonom) respektieren, ohne ihm alles zu gewähren (ich plädiere hier keinesfalls für ein laisser-faire ohne Grenzen!). Was ich damit lediglich sagen möchte ist: Wir sollten nicht gegen den Fluss bzw. die Energien bzw. das System arbeiten, sondern versuchen, ihn in seinem Verhalten und seiner Funktionsweise zu verstehen, um ihn dann behutsam zu begleiten.

 

Übertragen auf Entwicklungsprozesse bedeutet dies für mich: So wie wir niemals gegen den Strom schwimmen können, sollten wir nicht gegen den Anderen arbeiten. Gegen den Anderen arbeiten wir immer dann, wenn wir einfach unsere Vorstellungen und Erwartungen auf das Gegenüber übertragen. Das Gegenüber ist keine Knetmasse, die beliebig formbar ist. Es ist notwendig, das Gegenüber zu verstehen. Wir müssen zu allererst versuchen, das „System“ und die Energien des Gegenübers zu verstehen und richtig zu deuten. Dann erst sollten wir Entscheidungen treffen und auf das Verhalten einwirken. Am Anfang stehen dann Fragen wie: Warum tut  er/sie das? Warum verhält er/sie sich so, wie er/sie sich im Moment verhält? Was ist das Ziel des Verhaltens? Von diesen Fragen gehe ich bei meiner Arbeit aus.

 

Dieses Verständnis schließt eine feste Methode, wie sie in den meisten Führungsratgebern gegeben werden, kategorisch aus. Eine Methode beruht auf linearem Ursache-Wirkungs-Denken. Tue A bekomme B. Damit kann ich in aller Regel ein defektes Auto reparieren. Einen Menschen kann ich so nicht nachhaltig beeinflussen. So wie jeder Fluss verschieden ist, ist jedes Kind verschieden. Eine Methode ist Gleichmacherei. Gleichmacherei funktioniert bei Maschinen, nicht jedoch bei Lebewesen, die ich als autopoietische Systeme (sich selbst erschaffende Systeme) verstehe. Man muss bevor man irgendetwas tut das individuelle System verstehen, dann stellt man das Ruder behutsam in eine mögliche Richtung und nutzt die Kraft des Stromes bzw. der Energien und arbeitet mit ihnen und nicht gegen sie. Nur so gelingt Entwicklung positiv, dauerhaft und nachhaltig..

 

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